Die BITTE
der Gewaltfreien Kommunikation
Eine Bitte stellen - das kann sicherlich jede und jeder von uns.
Das haben wir als kleines Kind früh gelernt. "Sag 'bitte'!" - wer hat das als Kind nicht von Erwachsenen gehört.
Doch bei der Gewaltfreien Kommunikation geht es bei der Bitte nicht um einen 'freundlichen Umgangston'. Die Bitte der GfK ist eine echte Bitte - und kein freundlich formulierter Wunsch und auch kein freundlich formulierter Appell!
- Mit der Bitte der GfK übernehmen wir Verantwortung für die Erfüllung unserer Bedürfnisse. Mit der Bitte der GfK kommen wir in die Handlung - in die Selbstfürsorge.
- Wir können die Bitte an uns selbst richten.
zum Beispiel: Ich koche mir jetzt einen Tee und lege mich auf die Couch.
(anstatt mich am Abend, wenn ich mich nicht gut fühle, noch zu einem Termin aufraffe).
- Oder wir können einen der Acht-Milliarden-Menschen bitten, uns bei der Erfüllung unseres Bedürfnisses beitragen zu wollen.
zum Beispiel: Ich frage einen Menschen, der mit mir in der Wohnung lebt: "Kannst Du mir einen Tee kochen?"
- Im Sinne der GfK unterscheiden wir zwischen BITTE und FORDERUNG.
Die Bitte ist eng verknüpft mit einer der Grundannahmen der GfK, nämlich mit der, dass wir gerne zur Bereicherung des Lebens unserer Mitmenschen beitragen.
Wir Menschen tragen gerne zum Wohle eines anderen bei. Dies tun wir dann am ehesten, wenn
a) Freiwilligkeit gegeben ist, ich also wirklich frei entscheiden kann
und wenn
b) ich selbst recht gut 'genährt" bin, wenn also auch bei mir genug Bedürfnisse
erfüllt sind
Du bist noch skeptisch?
Dann lade ich Dich ein, dich an eine Situation zu erinnern, in der diese Voraussetzungen erfüllt waren. Eine Situation, in der Du jemandem helfen oder jemandem eine Freude machen konntest. Wie ging es Dir dabei oder danach? War da ein zufriedenes Gefühl? Ein leises Glücksgefühl, eine leichte Freude?
Das würde mich nicht wundern. Denn wir sind von Grund auf soziale Wesen.
Und keine/r von uns hätte in der Steinzeit alleine lange überlebt ;)
Zurück zur BITTE - und deren Erfüllung:
Wenn wir eine Bitte im Sinne der GfK stellen, dann möchten wir, dass der andere die Bitte nur erfüllt, wenn er/sie diese mit der Energie, wie die 'eines Kindes, welches Enten füttern darf' erfüllen kann. Also freiwillig und aus Freude.
Im Sinne der GfK ist es keine Bitte, wenn der Andere bei Nichtbefolgung mit Strafe oder Missachtung rechnen muss. Und es ist nicht hilfreich, wenn Menschen unsere Bitten aus dem Gefühl der Scham heraus befolgen. Oder weil sie Sorge haben müssen, dass sie bei Nichterfüllung der Bitte, mit Liebesentzug, mit Missachtung oder mit Ausgrenzung bestraft werden.
Denn all dies werden wir als Bittender sehr wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt auf irgendeine Art und Weise zurückbekommen, in Form von Erwartungshaltungen oder "Gegen-Forderungen" oder Schuld und Scham. Und all das führt zur Trennung zwischen Menschen.
Und wenn der andere "NEIN" sagt?
Dann hören wir auf dessen Bedürfnisse. Hinter jedem "Nein - zu meinem Bedürfnis" steht ein "JA - zu seinem Bedürfnis".
Vielleicht will der andere erst mit seinem Bedürfnis gehört und gesehen werden?
Vielleicht muss erst ein anderes Bedürfnis erfüllt sein, damit er/sie zu meinem Leben beitragen kann?
Vielleicht hört er keine Bitte, sondern eine Forderung (und hat "kein Bock immer nur gefordert zu werden")?
In so einem Fall kann es hilfreich sein, es nicht bei der Handlungsbitte zu belassen, sondern eine Verbindungsbitte nachzuschieben. ("Kannst du mir sagen, was du gehört hast?" oder "Kannst Du mir sagen, wie es dir damit geht?")
Und... was noch ganz wichtig ist zu erwähnen, damit die Bitte auch eher angenommen wird…
Eine Bitte im Sinne der GFK sollte:
- in der ICH-Form geäußert werden, um Verantwortung zu übernehmen.
- konkretisiert werden, um den Inhalt nicht aufzuweichen.
- realisierbar und sinnvoll sein.
So, nun viel Freude beim Ausprobieren.
Herzlichen Gruß,
Corina